Benita's Blog
Beziehungsaufbau und weshalb er so wichtig ist
Lernen passiert nur in einer positiven Umgebung
Hast du gewusst, dass es beim Lernen in welcher Form auch immer, im Unterricht oder zu Hause, der Beziehungsanteil 40% beträgt? Egal, wie gut dein Studium, deine Weiterbildungen, deine Methoden, etc. sind, 40% hängen davon ab, wie die Beziehung zwischen dir und deinen Lernenden ist.
Lass das mal auf dich wirken – 40%!
Gerade weil die Beziehung einen so hohen Anteil ausmacht und dieser oft unterschätzt oder sogar auch belächelt wird, möchte ich dir diesen Beitrag aufzeigen, weshalb eine gute Beziehung so wichtig bei der Lernbegleitung ist.
Sichere Grundlage
Sicherheit ist die Grundlage und das Fundament für jede gute Beziehung. Du, ich und auch jeder andere möchte sich in dem Umfeld, indem er sich aufhält, sicher, ernst genommen und einfach wohlfühlen.
Damit lernen gelingen kann, braucht es eine sichere Basis. Dazu gehören unsere Grundbedürfnisse, die erfüllt sein müssen. Zu den allgemeinen Grundbedürfnissen zählen saubere Luft, sauberes Wasser und Nahrung. Hinzu kommen genügend Schlaf, eine sichere Unterkunft, genügend Kleidung, eine stabile Krankenversorgung, Geborgenheit und Partnerschaft.
Für ein Kind bedeutet das konkret: beständige liebevolle Beziehungen, körperliche Unversehrtheit, Sicherheit und Geborgenheit.
Keine sichere Grundlage
Sind diese Grundbedürfnisse nicht erfüllt, wird das Bedürfnis nach Sicherheit massiv verletzt. Das passiert indem man blossgestellt wird, abwertenden Kommentare erhält, bei einem Erklärungsversuch versagt, abgewertet, angegriffen, infrage gestellt oder ausgeschlossen wird und wenn niemand einschreitet, wenn es zu weit geht.
Wenn das passiert, hat das verschiedene Auswirkungen auf das Kind, wie z.B. das Kind zieht sich zurück, traut sich nichts mehr zu sagen, wird unsicher, sagt lieber nichts als etwas Falsches, usw. Oder es kippt genau ins Gegenteil und das Kind kann laut werden, beginnt zu schreien, ist verzweifelt und weiss nicht, wie sich besser ausdrücken. Manchmal kann dieses Gefühl sich sogar in Aggression umwandeln.
Manchmal zeigt es sich auch ganz anders, die Auswirkungen sind sehr vielfältig. Die oben genannten sind nur einige wenige.
Es lohnt sich immer, ein bestimmtes Verhalten genauer anzuschauen und sich zu fragen, was dahinter stecken könnte.
Beziehungsarbeit zahlt sich aus – vorallem am Anfang
Vorallem am Anfang, ist es die Mühe wer, viel Zeit in die Beziehungsarbeit zu investieren. Sei es als Lehrperson mit deinen eigenen Schülerinnen und Schülern oder auch als Eltern und Lernbegleiter für deine Kinder.
Eine gute Beziehung bedeutet eine stabile Grundlage zu haben. Darauf kannst du aufbauen und in schwierigen Situationen zurückgreifen. Denn das Vertrauen ist bereits vorhanden und so können Konflikte schneller und oft auch einfacher gelöst werden.
Ausserdem: Du lernst nur von jemandem, dem du vertraust.
Einzahlungen auf das Beziehungskonto lohnen sich immer, in jeder Hinsicht.
Auch ich verwende am Anfang eines Lerncoachings immer viel Zeit in den Beziehungsaufbau.
Beziehungsaufbau in meiner Lernpraxis
Mein oberstes Ziel ist es immer, das Kind dort abzuholen, wo es gerade steht. Ich zeige Interesse, frage nach den Hobbys und Lieblingsaktivitäten. Dort versuche ich einzuhaken und nachzufragen. Ich lasse mir gerne etwas erklären und zeigen, um so das Kind besser zu verstehen. Ich achte sehr darauf, mir auch die kleinen Dinge zu merken und zu einem späteren Zeitpunkt darauf zurückgreifen zu können. Ich möchte das Kind besser kennen lernen, damit ich es verstehe und besser auf seine Anliegen eingehen kann.
Oft geben mir Kleinigkeiten, wie z.B. die Kleidung, Lieblingscomic, Lieblingsfarbe, Lieblingssportart usw. wichtige Hinweise. Das sind wertvolle Anhaltspunkte, um mit den Kindern gut ins Gespräch zu kommen. Natürlich spielen wir auch Spiele zusammen (es sind alles Lernspiele, doch die Kinder merken es meist nicht 😉). Ich versuche in jeder Lernstunde, das Kind zum Lachen zu bringen. Eine Prise Humor darf in meinen Augen niemals in einer positiven Beziehung niemals fehlen.
Ein weiterer wichtiger Punkt im Beziehungsaufbau ist, Verständnis zu zeigen. Für Kinder sind manche erlebte Situationen echt beängstigend und / oder frustrierend, auch wenn wir Erwachsene das oft anders sehen. Ich nehme das Kind IMMER ernst, frage und hake bei Unklarheiten nach. So versuche ich mir ein genaues Bild der Situation des Kindes herzustellen, um das Kind wirklich zu verstehen.
Auch wenn die Eltern oder ein Elternteil dabei sind, beziehe ich das Kind immer mit ein. Ich spreche mit dem Kind, frage nach seinen Ansichten und gehe natürlich auch auf die Anliegen des Kindes ein.
Dafür benutze ich sehr gerne das Tool Human Design, sofern mir die Eltern die genauen Geburtsangaben wie Datum, genaue Geburtszeit, sowie den Geburtsort geben.
Die so individuell erstellte Chart dient mir als Abkürzung, das Kind besser zu verstehen. Welche Bedürfnisse hat es, wie tickt es, wie und wo kann ich es am besten abholen und natürlich auch, was braucht das Kind, um optimal lernen zu können.
Interessiert dich das? Melde dich gerne bei mir.
Natürlich gelten diese Punkte bei jeder (Lern-)Begleitung, ob Schüler*innen und Lehrperson, Eltern und Kinder, Lerncoach und Kinder, Lerncoach und Eltern, etc.
Was kannst du als Lernbegleiter konkret tun, damit sich das Kind sicher fühlen?
Sorge dafür, dass das Kind sich in der Lernumgebung sicher und wohl fühlt. Kommuniziere klar deine persönliche Erwartungshaltung und besprecht im nächsten Schritt, wie ihr dieses Ziel gemeinsam erreichen könnt.
Hier sind einige mögliche Beispiele:
- Niemand weiss alles und man hat nie ausgelernt.
- Als Lernbegleiter dürfen wir mit gutem Beispiel vorangehen und auch Fehler zugeben.
- man kann/darf sich auch mal irren. Wenn wir bereits alles wüssten, wären wir nicht hier …
- Sei offen für die Ansichten der Kinder, im Sinne von „so habe ich das noch nie betrachtet“
- Thematisiere potenzielle Stresssituationen im Vorfeld und besprecht, wie ihr damit umgehen möchtet
Darauf darfst du als Lehrbegleiter achten:
- hole dein Kind bei dem ab, was es kann
- verzichte bitte auf negative Kommentare wie z.B. „Das solltest du nun wirklich langsam wissen.“ – hier macht das Kind dicht und lässt sich (fast) nicht mehr auf das Lernen ein.
- Zeige Interesse, Wertschätzung, Respekt und Empathie dem Kind gegenüber. Das können kleinen Signalen im Alltag sein, die den Kindern zeigen: Du bist willkommen, ich sehe dich, du bist mir wichtig.
Die Hausaufgaben-Situation eskaliert
Hier ein Beispiel, wie das aussehen könnte. Bestimmt hast du auch schon mal eine ähnliche Situation erlebt. Stellen dir vor, am Tag x kommt dein Kind von der Schule nach Hause. Es war ein anstrengender Tag. Das Kind ist müde, weil es in der Nacht davor aufgrund einer leichten Erkältung nicht gut geschlafen. Deshalb ist es angespannt, gestresst, nicht gut drauf und hat einfach einen schlechten Tag. Hinzu kommt, dass es einen Vorfall (Streit) in der Schule gab, den dein Kind nicht einfach so wegstecken konnte und der immer noch an ihm nagt. Als ob das nicht bereits reichen würde, hat es noch eine schlechte Note für die letzte Prüfung zurückbekommen, usw., du weisst bestimmt, was ich meine.
und jetzt sind da noch die Hausaufgaben …
Wie wird die Geschichte in den meisten Fällen wohl weitergehen? Du kannst es dir denken, es artet aus. Entweder gibt es Geschrei, endlose Diskussionen, genervtes Kind, genervte Mama, vielleicht auch Türenschlagen und die Hausaufgaben dauern ewig. Am Schluss hängt der Haussegen komplett schief und die Stimmung ist im Keller.
Doch das muss nicht sein.
Versuche dich ein wenig in dein Kind hineinzuversetzen und zeige Verständnis. Wie geht es dir, wenn du einen schlechten Tag hast und denkst, es kann nicht noch schlimmer kommen?
Deinem Kind geht es ähnlich. Es hat genug vom Tag, ist voll mit aufgestauten Emotionen und hat viel zu viele Infos über den Tag verteilt erhalten. Dein Kind ist einfach nur noch müde und geschafft, weil es sich den ganzen Tag so konzentrieren und zusammennehme musste.
Frag dein Kind, was es jetzt braucht, damit es ihm besser geht. Vielleicht darfst du ihm ein paar Vorschläge sagen, damit es weiss, in welche Richtung du denkst.
Entscheidet gemeinsam, wie ihr weiter machen wollt, wann die Hausaufgaben erledigt werden und in welcher Reihenfolge.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es leichter geht, wenn das Kind mitentscheiden kann. Du als Lernbegleiter darfst den grossen Rahmen darum herum aufstellen, z.B. „Vor dem Abendessen müssen die Hausaufgaben erledigt sein. Du darfst aber entscheiden wann.“ Stellt einen Timer (wir zu Hause nehmen immer den Timer vom Backofen, so muss das Kind aufstehen und ihn ausschalten). Für manche Kinder ist es sinnvoll, wenn ihr einen Hausaufgaben-Plan erstellt (Pausen nicht vergessen!). So ist alles Strukturiert und das Kind weiss, was wann zu tun ist und kann alles abhacken, sobald es erledigt ist.
Begleite dein Kind in diesem Prozess. Es hat noch nicht all die Erfahrungen gemacht, die wir schon gemacht haben. Gibt diesem Prozess Zeit, dass wird ziemlich sicher etwas dauern. Aber haltet durch, denn danach geht alles viel leichter.
Bitte zwinge deinem Kind nichts auf. Wahrscheinlich lernt dein Kind ganz anders als du und braucht auch etwas anderes zum Lernen. Hier nochmals der Hinweis zu Human Design. Das kann eine Abkürzung für euch sein.
Habe Verständnis für dein Kind. Es befindet sich mitten in einem Lernprozess und darf seine eigenen Erfahrungen machen. Aber achte auch auf deine Grenzen als Lernbegleiter. Deine Bedürfnisse als Lernbegleiter sind auch wichtig. Ein Beispiel: bei uns zu Hause wissen meine Kinder, bis 20:00 Uhr stehe ich ihnen zur Verfügung, falls sie meine Hilfe brauchen. Alles, was danach kommt, müssen sie alleine erledigen.
Die Beziehung nicht aufs Spiel setzten
Das ist in meinen Augen das Wichtigste: Setzte die Beziehung zwischen dir und deinem Kind nicht aufs Spiel! Zu Hause soll ein sicherer Ort sein. Bevor es ausartet, brich die Hausaufgaben ab und informiere die Lehrperson darüber (erzähle, weshalb es nicht ging). Sollte das öfter vorkommen, suche unbedingt das Gespräch mit der Lehrperson. Versucht gemeinsam herauszufinden, was der Grund dafür sein könnte und findet zusammen eine Lösung, die für alle Beteiligten passt.
Wie sieht das bei euch zu Hause aus? Achtet ihr gut auf die Beziehungen untereinander und ist euer zu Hause für alle ein sicherer Ort? Oder kommt ihr oft an eure Grenzen (und übertretet sie auch)? Schreib mir super gerne, es interessiert mich wirklich, wie es euch geht.
Wenn ich dich unterstützen kann, melde dich bei mir. Ich berate euch gerne.
Schlusswort aus einer interessanten Studie:
Positive Erwartungen vs. Drohen (Putwain & Remedios 2014):
Je mehr sich die Schüler*innen bedroht fühlen, desto geringer ist die intrinsische Motivation. Sie denken, Lernen ist Zeitverschwendung (für was soll ich das tun, nützt ja eh nichts) und es gibt so schlechtere Abschlussnoten.
-> Fazit: Der Versuch, die Schüler*innen zu motivieren, indem man ihnen die negativen Konsequenzen eines Misserfolges vor Augen führt, verfehlt seinen Zweck!